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Dinner for all

Foto: Welzhofer
Foto: Welzhofer

 
Blau- und Kohlmeisen beziehen ihre Nistkästen, Zaunkönige weben ihre Nestkugeln versteckt im Unterholz, und Amseln weisen mit Lehm im Schnabel darauf hin, dass auch ihr Nestbau nun fast legefertig ist. Zwar kann man nun auch schon bald beobachten, wie die Altvögel emsig von
Sonnenauf- bis -untergang versuchen, genügend Nahrung für ihre Nachkommen herbeizuschaffen, aber die Brut und Jungvogelaufzucht finden weitgehend im Verborgenen statt.
Dabei gibt es heutzutage interessante Möglichkeiten, einen Blick ins Verborgene zu werfen: Immer mehr begeisterte Hobbyornithologen installieren rechtzeitig vor Beginn der Brutzeit Minikameras in den von ihnen aufgestellten Nistkästen. „Es ist zauberhaft, auf einem Bildschirm das Brutgeschehen von Nestbau bis Flüggewerden mitzuverfolgen", berichtet Christine Welzhofer, Fachfrau für Wildvogelfütterung, aus dem bayerischen Gessertshausen. Eine solche Installation ermöglichte Einblicke, wie sie früher technisch gar nicht für jedermann möglich gewesen seien.
Einzig die Entwicklung der Küken innerhalb der Eierschale bleibt für das menschliche Auge unsichtbar. Gut, dass es
da die Forschung gibt! Ein Geheimnis der gefiederten Tiere konnten Wissenschaftler unlängst lüften: In einem bestimmten Stadium ihrer Entwicklung hat man bei Küken am Ende der entstehenden Wirbelsäule lange Schwanzfortsätze entdeckt und in den sich bildenden Schnäbeln deutliche Zahnreihen. Wenngleich sich beides bis zum Schlüpfen zurückbildet, so belegt es doch eindrucksvoll, dass unsere Gartenvögel definitiv Nachfahren der Dinosaurier sind.

Gefahr durch Nahrungsmangel

Wendet man den Blick von der Evolutionsgeschichte zurück in die Gegenwart, so sind diese Wunder des Lebens allerdings handfest bedroht. Ausgerechnet Nahrungsmangel gefährdet die heimische Vogelwelt. Gründe dafür sind vor allem aufgeräumte Gärten und Agrarlandschaften, in denen bis zu 30 Prozent weniger Insekten leben. Ornithologen raten daher zur Ganzjahresfütterung der Gartenvögel. Jahrzehntelange Untersuchungen in England, aber auch in Deutschland haben gezeigt, dass mit einer Ganzjahresfütterung an Futterstellen zwar längst nicht allen, aber doch vielen Vogelarten wesentlich geholfen werden kann.
„Viele Arten, die ganzjährig betriebene Futterstellen aufsuchen, können früher brüten, mehr und höherwertige Eier legen“, sagt Prof. Peter Berthold, Stiftungsrat der Heinz Sielmann Stiftung. „Diese Vögel vermögen ihre Jungen besser aufzuziehen und erreichen einen höheren Bruterfolg. Auch nimmt bei ausreichendem Nistplatzangebot – beispielsweise künstlichen Nistkästen – ihre Brutdichte zu.”

Eine Hilfe für Zugvögel

Viele Zugvögel kehren aufgrund der Klimaerwärmung immer früher heim. So besuchen Rotschwänze, Grasmücken, Laubsänger, Goldhähnchen und andere gern schon früh im Jahr ihnen bekannte Futterstellen. Intensive Überwachung von ganzjährig gefütterten Vögeln hat bisher keinerlei Nachteile, wohl aber erhebliche Vorteile erkennen lassen. Vor allem in der Ende März beginnenden Brutzeit sollte man Gartenvögel mit proteinreichem Aufbaufutter unterstützen. Es gibt darüber hinaus viele Möglichkeiten, Gärten durch vogelfreundliche Bepflanzungen und Gestaltungen in Brut- und Lebensraum für die gefiederten Freunde zu verwandeln. Also: Damit es den Elternvögeln jetzt im Frühjahr und Sommer gelingt, mehr Bruten und Küken erfolgreich durchzufüttern – laden Sie Ihre „Dinos” doch regelmäßig zum Dinner ein! (Welzhofer) ←