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Die Distel ist Staude des Jahres 2019

Alle Fotos: GMH

Die Distel ist ein klassischer Fall von „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ Denn bei der Staude des Jahres 2019 handelt es sich nicht um eine einzelne Pflanzengattung, sondern um eine ganze Gruppe. Richtig eingesetzt, haben sie das Zeug zum Gartenstar: wunderschön, robust und ausgesprochen nützlich. Die Gemeinsamkeit? Sie sticht! Denn Disteln besitzen Dornen. Mal mehr, mal weniger. In
jedem Fall wissen sich die meisten Disteln gut vor potenziellen Fressfeinden zu schützen. Wer je versuchte, die Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vulgare) mit bloßen Händen zu jäten, kann von ihrer Wehrhaftigkeit ein Lied singen. Dennoch sind viele Disteln alles andere als fiese Kratzbürsten.

Pflegeleichte Kosmopoliten

Die gängigen Disteln fürs Staudenbeet haben eines gemeinsam: Sie tolerieren Halbschatten, bevorzugen aber einen Platz in der vollen Sonne und durchlässigen Boden mit gutem Wasserabzug. Staunässe mögen sie überhaupt nicht. Wird das beachtet, sind sie ausgesprochen robust und pflegeleicht. Arten wie die Gold- und die Silberdistel (Carlina vulgaris, C. acaulis) wachsen in der Natur auf eher mageren Böden. Spart man sie beim jährlichen Düngen aus, gedeihen die faszinierenden Pflanzen aber auch in normaler Gartenerde. Dort fühlen sich auch die eleganten Kugeldisteln (Echinops), das bizarr anmutende Mannstreu (Eryngium) und die meisten anderen Disteln ausgesprochen wohl. Auf sehr nährstoffreichen Böden sind sie über eine Stütze zum Anlehnen dankbar, in der Regel bewahren sie aber von ganz alleine Haltung.


In Gärten finden sich diverse Distelarten heute aufgrund ihrer schönen Optik. Viele Mannstreu-Arten etwa erinnern an stolze Ritter, die sich zum
Turnier rüsten. Metallisch glänzend funkelt beispielsweise das Elfebein-Mannstreu „Silver Ghost“ (Eryngium giganteum) dem Betrachter entgegen. Den Platz sowohl in modern gestalteten Gärten als auch in naturnahen Anlagen musste sich der edle Recke gar nicht erst erkämpfen, er wird ihm freiwillig gewährt. Bewundernde Blicke rufen auch Gefolgsleute wie die zahlreichen Arten und Sorten der Kugeldistel (Echinops) hervor. Deren morgensternähnliche, bläuliche oder weiße Blütenstände sind für architektonisch gestaltete Gärten wie geschaffen, aber auch in Prärie- und Steppenpflanzungen sehr gefragt.

Perfekt gestylt für Beet und Vase

Gerade die hohen Arten von Eryngium und Echinops sind hervorragende Strukturbildner, die sowohl in Einzelstellung als auch in Gruppen großartig wirken. Niedrigere Arten und Sorten eignen sich für die vorderen Beetreihen. Mannstreu und Kugeldisteln lassen sich effektvoll mit Ziergräsern kombinieren: Die Ähren und Halme von Federgras (Stipa tenuissima), Indianergras (Sorghastrum nutans) oder Reitgras
(Calamagrostis) schmeicheln den wehrhaften Staudenschönheiten und betonen ihre markanten Konturen. Eine ähnliche Wirkung haben filigrane
Blütenstauden wie Prachtkerze (Gaura), Blauraute (Perovskia) oder Skabiose (Scabiosa): Ihre zierlichen Einzelblüten umflirren die hoch aufgerichteten Disteln wie die tatsächlich in großer Zahl anzutreffenden Insekten, die sich an Nektar und Pollen laben.
Die niedrigeren Gold- und Silberdisteln (Carlina vulgaris, C. acaulis) glänzen vor allem in Stein- und Naturgärten, denn ihre harten Hüllblätter reflektieren das Sonnenlicht, wohingegen sie sich bei aufziehendem Regen oder Nebel schützend über dem Kreis von Röhrenblüten schließen.

Optisch und ökologisch wertvoll

Disteln sind für Naturliebhaber geradezu ein Muss im Garten – auch die früher als Unkraut verpönten, aber ebenfalls sehr hübschen Wildarten. Sie alle produzieren im Sommer Unmengen an Nektar und Pollen, weshalb sie unzählige Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten anlocken. Ihre Blätter dienen obendrein vielen Schmetterlingsraupen als Futter – denen des Distelfalters zum Beispiel. Von wegen also „olle Kratzbürsten“! Viele Disteln sehen nicht nur edel aus, sie verhalten sich auch ausgesprochen ritterlich. (GMH/BdS) ←