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Alte Sorten erleben eine Renaissance

Alte Sorten
Auch historische Blumenarten machen sich im eigenen Garten gut. Foto: Pixabay

­Die Sortenvielfalt bei Obst und Gemüse ist längst der industrialisierten Landwirtschaft gewichen. Gerade Gemüse muss heute schnell wachsen und makellos aussehen, damit es sich gut verkauft. Viele Verbraucher mögen zudem lieber süßes Gemüse als bitteres. Deshalb sind  im Laufe der Zeit ganze Geschmacksrichtungen verschwunden. Obwohl auch immer mehr Bauern das alte Erbe wiederentdecken, ist es immer noch nicht leicht, dessen Früchte zu bekommen. Viele Sorten sind in Geschäften kaum erhältlich.

Viele Vorteile

Das ist einer der Gründe, warum immer mehr Menschen altes Gemüse selbst anbauen – beispielsweise im Hochbeet. Im Internet gibt es zahlreiche Angebote, wo Interessierte Saatgut beziehen ­können, teilweise wird es zum Tausch ange­boten. Aber auch immer mehr Gartencenter verkaufen alte Sorten. Und das ist gut so: Im letzten Jahrhundert sind in Deutschland rund 75 Prozent der ­alten Sorten ausgestorben. Für weitere 16 Prozent der ursprünglichen Gemüsevielfalt existiert Saatgut innerhalb Europas nur in Genbanken oder bei verschiedenen Saatgutinitiativen, wodurch diese Sorten und Arten als gefährdet („Rote-Liste-Sorte") ausgewiesen werden. Im Klartext: Gerade mal neun Prozent der Sorten und Arten wurden bis heute durchgehend gehandelt.
Und das ist fatal: Schließlich haben alte Sorten viele Vorteile gegenüber den neuen: Obst und Gemüse, die nicht auf Ertrag gezüchtet sind, wachsen langsamer und können so sehr viel mehr Nährstoffe bilden. Außerdem enthalten sie es eine größere Bandbreite an sekundären Pflanzenstoffen. Sie geben dem Gemüse seine oft spezielle Farbe und schützen es vor Fressfeinden und schädlichen Mikroorganismen wie Pilzen.
Da diese Sorten sich über Generationen hinweg an die Bedingungen einer Region angepasst haben, sind sie außerdem „hart im Nehmen". Sie brauchen keinen Kunstdünger und vertragen Kälte oder Trockenheit besser – für Freizeitgärtner und Anfänger ideal.

Sorten retten

Das bedeutet im Umkehrschluss: Mit der ursprünglichen Vielfalt der Obst- und Gemüsesorten gehen besonders gut an bestimme Standorte angepasste, schädlingsresistente, robuste und natürlich besonders schmackhafte Sorten unwiederbringlich verloren. Es sei denn, jemand versucht, das alte Saatgut zu retten. Und das liegt wieder ganz im Trend. Neben Institutionen wie dem BUND ruft mittlerweile selbst das Bundeslandwirtschaftsministerium zur Sortenpflege auf. Zudem verschreiben sich Vereine wie „Arche Noah“, der „Dachverband Kulturpflanzen Nutztiere Vielfalt“ oder auch VERN, der „Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg“, dieser Aufgabe. Sie pflegen umfangreiche Saatgut- bzw. Sortenarchive für alte und ­seltene Sorten. Zudem hat die Initiative Slow Food das internationale Projekt „Arche des Geschmacks“ ins Leben gerufen. Gestartet 1996, beinhaltet die Liste heute weltweit 4.700 Passagiere, wie die Initiatoren die aufgeführten Lebensmittel nennen, in Deutschland sind es aktuell 73. Darunter finden sich etwa die Zwiebelsorte Höri Bülle, Alblinsen oder die Kesselheimer Zuckererbse.

Teilen und tauschen

Die oben genannten gemeinnützigen Organisationen zum Erhalt von Vielfalt bieten häufig auch Saatgut an oder vermitteln Bezugsmöglichkeiten. Wer einen eigenen Garten (oder Platz auf dem Balkon) hat, kann Saatgut oder Pflänzchen bestellen und selbst alte und seltene Gemüse- und Obstsorten nicht nur anbauen, sondern auch vermehren und Samen ernten. Benutzen Sie dazu Saatgut von traditionellen und regionalen Sorten, idealerweise solches von regionalen Erhaltern. Sie können auch gemeinsam mit anderen traditi­onelle und regionale Sorten vermehren und das Saatgut teilen und tauschen. ←